Dienstag, 7. Mai 2019

Nach Ystad oder: Gedanken zum Thema Glück 7.5.2019


Anton, Anja und ich haben uns für 8:00 zum losfahren verabredet, aber ich kann um 6:00 nicht mehr schlafen und fange an, meine Sachen zu packen und das Boot fertig zu machen. Gerade, als ich den beiden einen Zettel an die Reling hängen möchte, kommt Anton und verkündet, sie bleiben da. Die Fahrt gestern hat ihr doch zu arg zugesetzt. Ich bin allerdings der Meinung, wenn nicht heute, wann dann? Der Wind wird in den nächsten Tagen eher stärker und auch seine Richtung ändern und wenn schon eingeweht, dann in Ystad.
Ich plane, nur mit der kleinen Fock zu fahren, dann dauert es zwar länger, aber der Autopilot kann auch was tun. Um 8:00 lege ich los und ich ändere gleich mal meine Meinung. Nur mit der Fock komme ich nicht einmal um die Ecke bei Mön's Klint, also das gereffte Groß gleich hinterher.
Eine halbe Stunde später komme ich an der berühmten Felsen an.




Was ist Glück? Die Momente unbeschwerten und vollkommenden Glücks im Leben belaufen sich summiert vielleicht auf Minuten oder Stunden. Aber das ist es dann, das Leben. 
In diesen Urlauben waren wir diesem Idealzustand oft am nächsten. Wir ertrugen es klaglos im vollgestopften Auto 1000 km und mehr hinter uns zubringen, nicht angeschnallt, natürlich, um nach den Ferien sonnensatt wieder nach Hause und in die Schule zu kommen. 

All die Erinnerungen an diese glückliche und unbeschwerte Zeit kommen mir beim Anblick dieser Felsen hoch. Wir hatten in den Urlauben ein unausgesprochenes Agreement: Bei schönem Wetter gingen wird baden, bei nicht so schönem Wetter sightseeing. Das Wetter in Dänemark bringt es so mit sich, dass beides zu seinem Recht kam. Abende lang spielten wir. Rommee oder Kniffel, es gab keinen Fernseher und mein Vater ließ sich die Tageszeitung in den Urlaub nachschicken. Dann las er mit drei Tagen Verspätung die Nachrichten über Bundeskanzler die noch Willy oder Helmut hießen, der 1. FC Köln war noch eine ernstzunehmende Größe.

Ich kann nicht anders, ich rufe beim Vorbeifahren meine Mutter an. Und fühle mich dem Moment vollkommenen Glücks sehr, sehr nah.

55 Meilen liegen vor mir, 4-5 btf raumschots steht der Wind. Sehr lange funktioniert die Segelauswahl sehr gut, ich erreiche gute Geschwindigkeiten ich habe aber noch nie bei so hohen Wellen gesegelt. Gottseidank schieben die Wellen, teilweise sind die wohl über 2 m und kommen von schräg hinten. Der Autopilot hat seine lieben Not, aber wenn ich ihn einfach mal eine zeitlang machen lasse, stelle ich fest, findet er immer wieder den richtigen Kurs. Nur zwei mal scheint er richtiggehend zu erschrecken, als eine Bö durchzieht und das Boot anluvt, scheint das Teil starr vor Schreck gar nichts zu tun. 
Aber ich fühle mich sicher genug, ein paar Seiten zu lesen, oder auf die Toilette zu gehen und das Ruder eine zeitlang aus der Hand zu geben.


Begegnungen


Dann dreht der Wind und ich muss, um einigermaßen den Kurs zu halten umdisponieren. Fock und Groß runter und die Genua setzen. Dann kann ich den Wind, der inzwischen genau von hinten kommt, am besten nutzen.

  
5 Meilen vor Ystad werde ich noch einmal von einer Regenfront gejagt. Die erreicht mich, und prügelt mich über die letzten Meilen. Ich erreiche Geschwindigkeiten von weit mehr als 10 kn. Und ich überlegen, welche Windstärke vorliegt, wenn Gischtflocken abgerissen werden. Und ich hab keine Sturmfock, sondern die Genua gesetzt. Das Segeln wird für 20 min zum Balanceakt. Fährt das Boot zu weit nach links, packt der Wind die Genua mit voller Breitseite und dann wird es schwer, den Kurs zurückzugewinnen. 
Fährt das Boot zu weit rechts, packt der Wind das Segel von der Rückseite und bremst es quer zum Wind ab. Bei den Wellen ist das kein Spaß.
Abends gehe ich noch ein bisschen in Kurt Wallanders Städtchen spazieren und dann kündigt sich die Rik doch noch an: Sie wollen um 17:00 losfahren und sich dann um 3:00 hier. Schön.

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