Donnerstag, 16. Juni 2022

In hundert Kurven nach Kiel 12.6.- 16.6.2022

 


Alleine, wenn man die Karte anschaut, muss man Lust bekommen, auf der Eider zu fahren: Unendlich viele Kurven, ein paar hübsche Städtchen, und überall darf man ankern.
Ich verlassen Tönning sobald das Wasser hoch gebnug steht, um mich aus dem Hafen zu lassen, damit ich noch eine Weile den Flutstrom nutzen kann. Noch ist alles recht breit und offen, ich kann die ganze Zeit segeln, nur in einigen Kehren geht es zu sehr gegen den Wind, da muss der Motor kurz ran. (der gerade gar keine Zicken macht)


 Mein Versuch, Friedrichstadt anzusehen, scheitert allerdings, die Schleuse wird erst wieder am Abend bedient, so lange mag ich nicht warten.
Abgesehen davon, funktionieren die Brücken fantastisch: Als ich an die Eisenbahnbrücke komme, bescheinigt mir der Brückenwärter, dass er mich bereits sieht, die Brücke geht schon auf.


Die Schleuse Nordfeld verpasse ich allerdings um Haaresbreite: Noch während ich mir überlege, ob ich eine Schilfinsel rechts oder links umfahren soll, sehe ich aus dem Augenwinkel zwei grüne Leuchtzeichen.
Und dann sehe ich es auch auf der Karte: Das ist die Schleuse Nordfeld, ab hier gibts keine Tide mehr.
Die Schleuse gerät fast zum Fiasko:  Ich bin nicht vorbereitet, keine Fender, keine Leine. Ich muss zudem einen Riesenschritt zum Pier machen, weil der Wind mich abtreibt, dabei zerre ich mir meinen Oberschenkelmuskel, in den nächsten Tagen werde ich nicht gut sitzen können.


Ich suche mir einen wunderbaren Ankerplatz und lasse den Tag ausklingen.
Morgens lasse ich es langsam angehen, obwohl ich bis 18:00 an der Giselauschleuse sein sollte. Die Eider schlängelt sich malerisch durch die Landschaft, nichts um da durchzuheizen.



Trotzdem komme ich rechteitig an der Schleuse an, allein: da ist niemand mehr. Ich mache am Leitwerk fest (verboten) und gehe zum Brückenwärterhäuschen (auch verboten). Da treffe ich nur die Putzfrau: "Ja, der ist schon weg, der musste ja bestimmt wieder zum Arzt. Die wollen ja auch pünktlich nach Hause, die Ärzte." 
Auch ne Logik.
Ich bleibe die Nacht über am Leitwerk liegen und weiß Gott, ich hab schon schlimmer geschlafen.
Morgens steige ich dann zum Schleusenmeister ins Büro, der gleich mal die Kanalgebühr kassiert. 7 Euro. Weil der Automat in Kiel kaputt ist. 
60 km Kanal sind schnell erzählt: ---


Es gibt immer noch nichts zu sehen


Es fahren immer noch Riesenpötte auf dem Kanal



... und tatsächlich gibt es immer noch Wohnmobilfahrer die sich voller Freude unter eine Autobahnbrücke stellen und auf den Kanal gucken.
Ich höre podcasts, lese ein bisschen, der Autopilot und der Motor machen den Rest.
Die Schleuse entpuppt sich diesmal als völlig stressfrei: Hatte ich 2019 noch eine Wartezeit von ein paar Stunden, bis sich die Yachten dann zu den Dickschiffen quetschen konnten, öffnen die hier eine Schleuse für drei Boote, nach 15 min.


Ich lege im "Hafen Holtenau" an, wundere mich etwas über das rot-weiße Flatterband, denke mir aber nichts dabei, weil ja auch andere Boote hier liegen.
Allerdings ist der Hafen geschlossen, weil die Steganlage erneuert wird. Den Bauarbeitern ist es egal, wir können gerne hier liegen, ich nutze einen Tag ohne Wind, um Wäsche zu waschen und mich in der Badeanstalt (draußen) zu duschen. Das ist kalt, sehr kalt, aber jeder versichert mir, dass Duschwasser ist immer noch wärmer, als das Ostseewasser.
Ich komme mit Griet ins Gespräch. Sie ist aus Delfzijl, Ende 60, seit einem halben Jahr verwitwet und nun liegt die hier fest, nachdem sie sich ein Boot in Dänemark gekauft hat. Nun leckt der Dieseltank. Sie hat schon alle Schapps sauber machen müssen, weil der Diesel hier seinen Weg in die Bilge und an die Batterien genommen hat.
Ich pumpe den Rest aus dem Tank ab, und nehme die Batterien den Tag über zu mir um sie solar aufzuladen.
Ein faszinierender Mensch, der all das mit einer Ruhe und einem Gleichmut meistert, das hat schon was stoisches.  

 

 



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