Freitag, 10. Juni 2022

Helgoland 8.6 - 10.6.2022


Baltrum hat mir aufs Gemüt geschlagen, ich kann das dauernde Geheule des Windes, das „chrchr“ der Festmacher nicht mehr hören. Ich denke ernsthaft ans Abbrechen und nach Hause Fahren. Ich vermisse Konstantina, die gerade in Griechenland ist, von da aus arbeitet und die in den allabendlichen Whats-Apps-Anrufen von Hitze und Sonnenschein erzählt. Und ich bin bang, mit diesem unzuverlässigen Ungetüm nach Helgoland zu segeln...
Abends schaue ich bei der Hafenmeisterin vorbei, fragen, ob es sich lohnt, durchs Baltrumer Watt zu fahren. Interessanterweise meldet mir „Quicktide, dass das ab morgen für ein paar Tage nicht gehen würde. Da stehen dann zwei Typen, die klischeemäßiger nicht sein könnten: Flasche Bier, Zigaretten, Windjacken und Gebisse, die dem Inselzahnarzt einen Schauer über den Rücken jagen würde. Wenn er diese Gebisse jemals zu Gesicht bekäme.
Meine Frage, ob das klappt mit 1,20m morgen früh durchs Wattfahrwasser beantwortet er er mit etwas, das an eine Kopfschüttel-nicken erinnert.  „Nö, lass man“. Schluck Bier, Zigarette, Husten. Ich gucke den anderen, Typ „untersetzt, glatt zurückgekämmte Haare, Ziggarette, Flasche Bier“ an, in der Hoffnung auf eine andere Antwort: „Na, wenn der Captain das so sacht, dann muss das wohl so sein.“ Schluck Bier, Zigarette, zahnarmes Lachen.
Übersetzung Hafenmeisterin: „Ist knapp. Und das Fahrwasser ist nach dem Wind nu auch nicht mehr, wo die Pricken stehen. Und der Ostwind die ganze Zeit...“ 
„Warum bisse nich gestern gefahren?“ 
„Zu viel Wind“ 
„Auch wieder wahr“
Es hilft also nichts, ich muss um Norderney herum, ich denke, ich werde dann nach Hause fahren, durch den Schluchter nach Schiermonnikoog. 
Als ich hinter den Pricken bin, setze ich Segel, mit der Unterstützung des ablaufenden Wassers kriege ich eine schöne Geschwindigkeit. Weiter ins Gatt mit Rückenwind, als ich aber an die Fahrwasserboje zum Schluchter komme, sehe ich nur noch weißes Wasser vor mir. Die alte Dünung macht ein Höllenspektakel, eine holländische Yacht, die mit mir im Gatt ist, versucht es trotzdem und ich möchte da jetzt nicht an Bord sein.
Also gut, durch das Dovetief, ist ein paar Meilen Umweg, aber sicherer.
Das Wetter hat inzwischen aufgeklart, es bläst ein schöner raumer Wind, und als ich abbiegen müsste, um nach Westen zu segeln, nach Hause, lasse ich einfach weiterlaufen. Kurs 45 Grad, da ist Helgoland.
Obwohl mich der Ebbstrom jetzt bremst, komme ich immer noch auf 4-5 kn, damit wäre ich in 8 std. da. 
Die Wellen lassen nach einer oder zwei Stunden langsam nach, leider auch der Wind. Zuerst hatte ich noch ein Reff eingebunden, das ist jetzt raus, und irgendwann setze ich dann zum ersten Mal auf der Ithaka den Spinacker. 

Das ist zunächst ein ziemliche Gerödel, ich weiß ja nicht einmal, wo ich die Schoten festmachen soll,  und dann geht es mit schöner Geschwindigkeit voran. Auf Höhe der Reede muss ich dann aber doch noch den Motor anwerfen, der so schön startet, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte.


Die Windfahnensteurung von Mr.Vee  enttäuscht mich allerdings auf ganzer Linie: Sie wackelt wie ein Lämmerschwanz, die Windfahne rotiert immer wieder selbst in den Wind, anstatt das Boot zu steuern, ich nehme sie außer Betrieb. Ich muss Sven noch einmal anschreiben, was hier los ist.

Natürlich bekomme ich meinen üblichen Regenguss ab, der nicht von schlechten Eltern ist: Ich muss sogar die Beleuchtung anmachen, ich sehe nämlich nicht von einer Boje zur anderen, ab der Guss ist dann bald auch vorbei und ich kann endlich in den Hafen einfahren.

Es ist wahnsinnig berührend, wieder in Helgoland einzulaufen. Das war meine allererste Station an meinem allerersten Segeltag mit der Schabernack. Im Dezember im Dunkeln.
Diesmal nehme ich mir allerdings einen Tag Zeit und laufe zu der berühmten Steilküste, Vögel gucken. Und siehe da, ich bin nicht alleine.





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