Donnerstag, 14. Juli 2022

Heimwärts Teil 3 / 11.7.-13.7.22 Der große Sprung nach vorn

 


Eine Fahrt von oder nach Helgoland flößt mir immer wieder einen riesigen Respekt ein. Ich kalkuliere immer mindestens 8-9 Stunden reine Fahrzeit ein, die im Idealfall angenehm, manchmal stressig bis wirklich bösartig sein können. Es hat etwas mit der Unbedingtheit zu tun. Einmal draußen kann man so einfach nicht wieder zurück, Regen, Welle, Wind, Dunkelheit muss man dann einfach aushalten. Der einzige Ort, an dem ich je seekrank wurde, ist Helgoland, die Wellen vor der Insel sind schon was besonderes.
Wir laufen mit dem einlaufenden Wasser von Tönning bis zum Eidersperrwerk gegen die Strömung - und gegen den Wind. Deswegen kommen wir eine halbe Stunde später an, als geplant, genau mit der kenternden Tide passieren wir die Schleuse. Und weil wir NW-Wind haben, fahren wir über eine Stunde Wind-gegen-Strom raus. Bei 4 btf. Der Motor ist weitgehend unbeeindruckt, er genehmigt sich halt nur einen Liter pro Stunde mehr als sonst. Es ist allerdings längst nicht so schön, wie bei der Hinfahrt, das Land ist viel weiter weg, man fährt über eine fast offene See. Außerdem ist es, wieder einmal, grau und windig.
Hinter der Barre können wir dann endlich abdrehen und für die nächsten 25 Meilen Segel setzen. 


Die ganze Zeit geht es hart an den Wind, die Strömung nimmt uns 6 Stunden lang mit, erst kurz vor Helgoland werden Welle und Strömung so störend, dass ich wieder den Motor anwerfe. Wir finden im Hafen einen schönen Platz neben zwei Motorjachten, die genauso wie ich das Schild "ab 16m" geflissentlich ignorieren.
Nach so viel Schaukelei gehen wir noch über die Insel spazieren, ich zeige Konstantina die Felsen mit den Brutkolonien, sie ist gebührend beeindruckt von den steuerfreien Spirituosen.





 Laut Windvorhersage geht es erst am Donnerstag weiter - oder eben am nächsten Tag. Aber Konstantina, die die Tour unter Deck, eingemummelt schlafend mehr überstanden als genossen hat, braucht etwas Ruhe. 
Also streunen wir über die Insel, und nehmen uns vor, morgen, wenn schönes Wetter sein soll, nach Düne zu fahren
Allein...
... Mittwochs morgens lese ich den Aushang des bsh über die Windvorhersage und die hat sich in den letzten Stunden ziemlich verändert. Wir können entweder heute fahren oder müssen bis Montag warten. Für Konstantina ist die Entscheidung klar: Wir laufen aus. Ich peile Spiekeroog an, das ist der kürzeste und schnellste Sprung.
Allerdings haben wir das Problem, dass ich in die Otzumer Balje erst um 21:00 rein komme, wir wegen des auffrischenden Windes aber schon um 11:30 aus Helgoland weg müssen. Wir werden also zwei bis drei Stunden lang vor Anker liegen müssen.
Wir bunkern noch Diesel, und dann gehts los. der Motor ist nur ein paar Minuten an, dann kann ich Segel setzen und mit einem Halb-Wind-Kurs Richtung Spiekeroog lossegeln. 


Und die alte Dame kriegt gleich mal so richtig flinke Füsse. Langsamer als 5 kn bin ich nie, meist werde ich schneller als 6 kn. 



Aber die Welle: Anfangs noch die Welle um Helgoland, dann spüre ich die Auswirkung des Starkwindes, dem wir so gerade noch entgangen sind. Der Autopilot kann nur ganz kurz ran, der sägt wild hin und her, die allermeiste Strecke ist original handgesegelt. 


Konstantina zieht sich wieder unter Deck zurück, schlafen und abwarten ist die einzige Alternative. Als wir an die Otzumer Balje komme, packen mich große Zweifel. Die Wellen sind mittlerweile einen Meter hoch, so stundenlang vor Anker liegen und warten? Ich entscheide mich für Langeoog und die Accumer Ee. Die ist tiefer, da können wir früher rein. Aber ich kann von weitem schon Norderney erkennen, hier weiß ich, kann ich auch bei Niedrigwasser reinfahren.
Und weil mich der Ebbstrom immer noch zieht, dauert die Fahrt auch nur gut eine Stunde. Gerade bei der Einfahrt in das Fahrwasser Dovetief kommt Konstantina wieder an Deck. Und übernimmt gleich mal das Ruder. Um 19:00 laufen wir in den Hafen ein, wobei uns endlich wieder ein perfektes Manöver gelingt. 7 Stunden von Helgoland bis Norderney - nicht schlecht für eine Domp.




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