Samstag, 14. Dezember 2013

Staande Mast Route

Es regnet. Der Delfzijler Hafen ist, so leer wie trostlos, dass ich nach dem Tanken gleich aufbreche. Ich habe einige Mühe, die Seeschleuse zu finden, die den Eingang zur Staande-Mast-Route darstellt, nach einigem Herumfragen erfahre ich, dass ich den Kanal, den ich gestern eingefahren bin, einen Kilometer zurückfahren muss, dann kommt die Schleuse.
Die Staande Mast Route ermöglicht es, durch den nördlichen Teil  Hollands zu fahren, ohne den Mast umlegen zu müssen. Alle Brücken sind entweder hoch genug, oder werden bei Bedarf geöffnet. Eine schöne Ausweichmöglichkeit, wenn es auf der Nordsee zu windig ist.

Meine erste Schleuse, ich bin ganz aufgeregt und versuche auch gleich, an einem der Riesenpfosten, an denen die Frachtschiffe festmachen, anzulegen. Das geht natürlich nicht, das Boot treibt auch einmal rund um den Pfosten und ich hab mich heute zum ersten mal zum Clown gemacht.
Das zweite Mal folgt nur unwesentlich später, ich versuche in den Schleuse anzulegen und stehe, da ablandiger Wind herrscht, im 90 Grad Winkel zum Ufer.
Der Schleusenwärter hat ein Einsehen und lässt mich schnell durch, ich hätte wohl noch ein Weilchen gebraucht.

Zwei Dinge gelernt:

1. Sportboot haben eigene Wartesteiger
2. Anlegen bei ablandigem Wind in der Schleuse ist doof.

Ich muss mir irgendwas einfallen lassen, sonst wird das Anlegemanöver immer wieder peinlich.

Hinter der Schleuse geht es schnurgerade durch die holländische Regen-Winterlandschaft. Ich mache mir Gedanken, wie das mit Groningen funktionieren soll: Da kann man, wenn ich den Berichten Glauben schenken soll, nur im Konvoi durch .Da ich seit Tagen keinem einzigen Sportboot begegnet bin, ist ein Konvoi so unwahrscheinlich wie ein Skigeschäft in der Sahara.
Der erste Teil der Route ist recht langweilig, es geht schnurgeradeaus, allerdings kann ich an einigen Wartesteigern meine Anlegetechnik etwas verbessern. Lustigerweise öffnen sich die meisten Brücken bei meiner Ankunft automatisch, ich mahle mir aus, dass der Schleusenwärter der Seeschleuse seinen Kollegen Bescheid gesagt hat: "Da kommt so ein Chaot in einer ollen hellblauen Yacht, macht besser die Brücke auf, sonst macht der noch was kaputt"
In Groningen, es hat mittlerweile aufgehört zu regnen, stehe ich vor einer Brücke, die nicht sofort öffnet, aber es klingt ein herzliches "Hallo" von oben und dann erscheint ein Brückenwärter. Noch bevor ich richtig festgemacht habe, wird die Brücke hochgekurbelt und ich kann passieren. Bei der nächsten Brücke das selbe, aber das ist ja der selbe Brückenwärter! Der fährt, immer wenn er die Brücke wieder runtergekurbelt hat, mit dem Fahrrad nebenher und macht die nächste Brücke auf.
Die Fahrt geht durch die Altstadt von Delfzijl und manchmal ist die Durchfahrt so eng, dass es sich gerade noch ausgeht. Die dicken Plattbodenschiffe liegen nämlich in 2er und 3er Päckchen.
Von einem Boot winkt mir eine Frau zu, die wohl auf dem Schiff lebt: "Woher kommst Du?"
"Nordsee"
"Du bist ein mutiger Mann"
Und der mutige Mann errötet bis in die Haarspitzen...
Ich plane noch an einen Ort namens Garnwerd zu fahren, einige Kilometer hinter Groningen. Her soll es lauf Karte ein Recreatie Center geben. Ich sehe mich schon im Wellenbad und einer Sauna...

Als ich in die Nähe des Ortes komme,erfahre ich, wie heilig dem Holländer sein Weekend ist: Um 16 Uhr 55 passiere ich eine Brücke und als ich auf eine zweite, nur wenige hundert Meter entfernt zufahre, erscheint "rot-über-rot". Dä! Übers Wochenende geschlossen. Ich sitze zwischen zwei Brücken fest.

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