Ich hab einen Tag in Medenblik vergammelt und nun stellt sich die Frage: Wohin?
Es steht ein kräftiger Westwind an, Vliland oder Terschellimg sollten erreichbar sein. Auf der Fahrt nach Den Oever probiere ich alle Varianten der Segel aus, ohne Reff, nur mit Vorsegel. Nur weil es eben geht.
In Den Oever hoffe ich, bitte, bitte bald geschleust zu werden, ich bin spät dran, Hochwasser ist schon bald.
Allerdings dauern die Dinge in Den Oever lange. Sehr lange...
Gerade als ich das Unternehmen: "Ich fahre in Den Oever aufs Wattenmeer" abblasen und den Hafen anlaufen will, tut sich an der Schleuse was. Ich kann auslaufen, allerdings ist gerade Hochwasser. Das hilft anfangs, als ich aber in den Slenk, die Zufahrt zur flachsten Stelle einbiegen will, steht die Strömung des ablaufenden Wassers genau gegenan und obwohl ich mit dem kräftigen Rückenwind schnelle Fahrt über das Wasser mache, komme ich kaum voran.
So wird das nichts, bis zum Flach schaffe ich es nicht bis zur halben Tide und außerdem steht hier schon ein Meter Welle, was es noch schwieriger macht. Wenn schon feststecken, dann bitte ohne die Wellen.
Ich drehe wieder ab und fahre zum Hauptfahrwasser, diesmal allerdings gegen den Wind und mit dem Strom, auch nicht schön.
Sei es die helle Sonne, der Wind oder die Tatsache, dass ich mal wieder viel zu wenig getrunken habe, langsam machen sich Kopfschmerzen und ein feines Summen in meinem Kopf bemerkbar. Wenn das eine ausgewachsene Migräne wird, dann gnade mir Gott.
Den kurzen Weg nach den Oever traue ich mich nicht zu fahren, dazu müsste ich über ein Flach, das mir bei Hochwasser 1,5m unter dem Kiel gab, ich entscheide mich, im Hauptfahrwasser entlang des Abschlussdeiches bis zur Lorenzschleuse zu fahren.
Und laufe damit drei Stunden lang mit dem Wind und gegen den Strom. Das rappelt und schaukelt und schmeißt, Langkieler hin oder her.
Trotz trinken, Kopfschmerztablette, Sonnenbrille und Hut. Und zwei Esslöffel Pulverkaffee: Meine Kopfschmerzen werden nicht besser und selten habe ich ein Ziel so herbeigesehnt.
Mit drönendem Schädel erreiche ich in der Lorenzschleuse noch in den Vorhafen, mache fest, lasse das Boot so wie es ist und gehe unter Deck. Dunkel, Kühl. Aber der Lärm der vorbeifahrenden Schiffe dröhnt mörderisch in meinem Kopf.
Kurz bevor es dunkel wird, kommt ein Frachtkahn vorbei, für den öffnet sowohl die Brücke als auch die Schleuse. Obwohl mir mittlerweile kotzschlecht ist, hänge ich mich dran, die Vorstellung die Nacht im Vorhafen zu verbringen ist schlimmer.
In der Schleuse funktioniere ich wie unter Autopilot. Ich mache soweit wie möglich entfernt vom Frachter fest, das Geräusch des Diesels spüre ich wie Zahnschmerzen.
Soweit ich das wahrnehme, geht die Schleuserei recht schnell, es gibt ja kaum Höhe zu überwinden und meine innige Hoffnung, es möge bitte ein Platz bei den Anlegern im Innenhafen frei sein, erfüllt sich.
Ein Platz, eng, und ich muss supergenau zielen, und der Wind weht weg vom Steg: Ich kann kaum noch aus den Augengucken, zudem ich in westlicher Richtung, in Richtung Sonnenuntergang anlegen muss.
Irgendwie kriege ich die Fender positioniert, irgendwie die Leinen an Land, sogar Sprinleinen lege ich.
Dann erbreche ich im vollen Schwung, gehe unter Deck und will nur noch sterben.
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