Donnerstag, 8. August 2019

Anders als man denkt: Staande Mastroute 5.8. - 8.8.2019


Der Morgen beginnt mit einer handfesten Überraschung: Der kräftige Südwind, der mich vor Schiermonnikoog bringen sollte fällt schlicht aus.
Nicht nur, dass phänomenologisch die sichtbaren Windräder still stehen, auch der Windfinder will von seiner gestrigen Ansage nichts mehr wissen: 1-2 bft. aus verschiedenen Richtungen.
Ich überlege: die Tour wie geplant mit dem Motor, oder bis 9 Uhr warten und dann gepflegt mit dem Flutstrom nach Delfzijl.
Ich entscheide mich fürs warme Bett und lege mich wieder hin.
Morgens melde ich mich beim Hafenmeister, der eher überrascht wirkt, die meisten Segler verziehen sich heimlich, still und leise, wissend, dass man an den Steigern eigentlich nicht liegen darf, die sind für Berufsschiffahrt.

    
Aus Port Henry wäre ich allerdings nie im Leben rausgekommen, die Einfahrt ist total versandet.

Schön ist die Fahrt durch die Ems nicht, allerdings habe ich jetzt das Gefühl, dass ich es schaffen werde. Wäre ich in Norderney geblieben, bekäme ich jetzt Stress, so hatte ich noch einen schönen Segeltag und die Staande Mastroute hat ja schon ihre Reize.
Trotzdem will es in der ersten Stunde noch nicht so richtig fluppen, schneller wird es erst später, dann aber richtig.




Erst die Seeschleuse in Delfzijl gibt mir nach all den Mühen der letzten Wochen das Gefühl, dass es jetzt stürmen und schneien kann, ich bin sicher.
Ich nehme mir vor, so weit zu fahren, wie ich heute komme. Dabei hat das Wetter bis Groningen schon noch Luft nach oben, aber immerhin regnet es nur ab und zu.


Das Hafen in Groningen ist geradezu absurd überfüllt: Die letzte Bückenöffnung, die um 19:00 normalerweise noch einen Konvoi durch die Stadt befördert, fällt im Moment aus, alles drängelt sich auf allerengstem Raum.
Die Tour durch Groningen am morgen ist allerdings auch beim 3. Mal spektakulär.






Dann mäandert die Fahrt so vor sich hin, durch Felder und Wiesen... schön.


Ab und zu muss dann mal ein bisschen geschleust werden.


Vorbei am Recreatie-Center, das ich 2013 gesucht hab, und das damals noch im Bau war. Und ich ein Wochenende zwischen zwei Brücken zubringen musste


Dann wieder Wiese und Himmel



Kurz vor Dokkum folge ich der Tradition, am letzten Tag einer Reise alle Gastlandflaggen der besuchten Länder unter die aktuelle zu setzen.


Weil morgen soll es nach Sneek gehen.
Dann aber treffe ich Torsten und Sarah.
Verdammt, wäre ich nur eine Brücke weitergefahren, hätten wir einen Abend miteinander verbringen können, so feiern wir unser Wiedersehen mit Kaffee.


Dokkum ist wieder genauso anstrengend und lautstark wie eh und je, ein paar Brücken sind extrem eng und die Charterkapitäne haben das oft nicht im Griff, auf der Seite zu warten, bis sie Durchfahrt haben. Das gibt dann immer viel Geschrei und Rumgebrülle. Eigentlich sollte ich mir mal so einen Tag Hafenkino gönnen, aber nicht heute, immerhin tanke ich noch einmal.
Nachdem ich so lange bei Torsten gesessen hab, überlege ich, noch einmal in Leuwaarden zu übernachten, aber im Kanal, der ja gleichzeitig Hafen ist, ist es ebenfalls zu wuselig, chaotisch, laut. Ich fahre noch durch die etwas nervigen Eisenbahnbrücken (Hinweis: Nächstes mal Richtung Harlingen abbiegen und dann über Kornwerdersend ins Ijsselmeer) und finde meinen letzten Übernachtungsplatz für diese Reise.

  
Kurz vor meinem Hafen treffe ich mich noch einmal mit Anton und Anja, die mit der Rik am Kanal ankern und auf mich warten.
Und dann bleibe ich tatsächlich zum ersten mal richtig stecken: Ein paar Meter, bevor ich den Steg erreiche - nix mehr.


Anton holt mich mit dem Schlauchboot auf die Rik, wir feiern und tauschen Erinnerungen.
Und Anton bringt das ultimative Lob: "Du hast eine Super-Sache gesegelt. Nach Gotland war ein Meisterstück". Ich werde knallrot und verlegen wie ein Schuljunge.


Die beiden sind auf dem Weg zu einer Hochzeit, und ich will es jetzt auch hinter mich bringen:





In den Kanal zum Hafen



in die Hafeneinfahrt. Der Hafenmeister sitzt wieder auf seinem Rasenmäher und winkt.


Wieder einmal vorbei an meinem Steg, also rückwärts,


und mit Schwung in meine Box. 
Ich lege an, schalte den Motor ab, er knackt noch leise nach. Und dann sitze ich erst mal nur da.
Der Hafenmeister kommt an meinen Steg: 
"Mensch! Drei Monate! Wie war's?"
---
"Ach..."

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